Vergewaltigt

Ich wurde heute vergewaltigt. Nein, nicht physisch. Es gibt auch keinen Täter – es gibt Hunderttausende.

Ich bin mir sicher, ich habe jetzt deine Aufmerksamkeit. Mir wurde kein Haar gekrümmt, aber ich fühle mich vergewaltigt.
Kraftlos, tieftraurig, ich Ekel mich vor mir selbst, bin absolut wertlos und schmutzig. Die Art von schmutzig, die nach Stunden unter der laufenden Dusche nicht einmal mit Schmirgelpapier abwaschen kann. Mir ist kalt, obwohl meine Heizung heizt, ich eine Wärmflasche und eine Kuscheldecke habe. Ich fühle mich erniedrigt.

Wenn ich mich, unbeteiligt in diesem Fall, so fühle, wie fühlt sich das Opfer? Nein, ich rede nicht von Gisele Pelicot. Ich rede von Hunderttausenden Fällen Pelicot.
Männer, die ihre eigene Frau/ Schwester/ Mutter/ Mitbewohnerin/… betäuben und anschließend jegliche Form von Vergewaltigung an ihnen durchführen. Sie filmen ihre Taten, streamen diese live ins Internet, bieten sie fremden Männern an oder nehmen „Wünsche“ an, was sie tun soll.
Und wir sind auch nicht im Dark Net, wir sind bei Telegram. Unmöglich? Ich wünschte es.

„Meine Freundin will dies das jenes nicht, betäube sie jetzt damit ich es machen kann.“ – „Meine Schwester würde nie mit mir schlafen, aber sie hat es schon so oft getan ohne es zu wissen.“ – „Meine Frau denkt, ihr Arsch sei Jungfrau. Wir wissen, das es nicht so ist.“
Ist dir übel? Mir auch.

Mann tauscht sich über Medikamente, Dosierungen, Verabreichungsformen etc. aus. Händler preisen ihre Betäubungsmittel an, die jeder frei kaufen kann.
Ich halte nichts von Generalverurteilungen, aber: wo kann man sich noch sicher fühlen, wenn nicht zuhause? In meinem Umfeld würde ich niemandem eine solche Tat zutrauen. Ich bin sicher und trotzdem fühle ich es gerade nicht. Viele Frauen aber sind nicht sicher. Wenn wir nicht mal den Männern vertrauen können, die wir lieben und die uns lieben, wem dann?

Noch ein paar Fakten, welche sich jetzt nur auf Deutschland beziehen:
Der Besitz von Kinderpornografie ist (mit Recht!) strafbar. Der Besitz von Pornografie, in dem Frauen vergewaltigt werden, nicht. Wow.
Was tut z.B. das Bundesinnenministerium, um vor solchen Übergriffen zu schützen? Es gibt einen Tipp: Man soll die Vergewaltigung anzeigen. Braucht ihr den Sachverhalt barrierefrei in leichter Sprache? Die Frauen wissen nicht, dass sie vergewaltigt wurden. Man muss sich auch nicht zwangsläufig matschig fühlen, wenn man betäubt wurde oder 12 Stunden schlafen. Nur für euch also nochmal:
Eine Frau wird vergewaltigt. Vergewaltigung ist, wenn jemand eine andere Person zu Sex oder anderen sexuellen Handlungen zwingt, obwohl die Person das nicht möchte. Es ist ein sehr schlimmes Verbrechen und bedeutet, dass die Grenzen und der Wille der anderen Person nicht respektiert werden. Jeder Mensch hat das Recht, “Nein” zu sagen, und niemand darf gezwungen werden. Damit die Frau nicht nein sagt, wird sie betäubt. Sie weiß am nächsten Tag nicht, dass sie vergewaltigt wurde. WIE ZUR HÖLLE SOLL SIE DAS ANZEIGEN???

2023 waren die angezeigten Vergewaltigungen auf einem Höchstand. Statistisch 14 Personen unter 100.000 Einwohner. Praktisch kennt aber jeder mindestens eine Person persönlich, welche Opfer einer Vergewaltigung wurde.
Weiterer Denkanstoß: Gisele Pelicot wurde eine Mitschuld von vielen Seiten gegeben. Wenn „Ich“ (stellvertretend für Frauen) also schon bei der Polizei Fragen gestellt bekomme, die mir die Mitschuld geben- wieviele Anzeigen werden nicht zu Ende gestellt? Oder man geht aufgrund von Victimblaming erst gar nicht zur Polizei.

Sexueller Missbrauch, Vergewaltigung, der Besitz solcher Pornografie und soviel mehr muss einfach ein neues, härteres Strafrecht bekommen.

Wer sich hart genug für die Dokumentation fühlt: Das Vergewaltiger-Netzwerk auf Telegram 


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