Am Wochenende war ich mit meiner Schwester in der schönsten Stadt der Welt. Ich hatte mich ewig drauf gefreut: Kiez, wir zwei, 18. Spieltag und einfach Hamburg mit all‘ seinen Seiten. Und doch war ich etwas wehmütig, dass ich das Ganze nicht auch mit Tom erlebte. Oder das ich nicht bei ihm sein konnte, um ihn gesund zu pflegen. Aber meine Schwester wusste mich zu beschäftigen.
Im Vorfeld fiel Tom mal wieder positiv auf: Da ich die Reise vor unserem Kennenlernen gebucht hatte, hätte ich mir durchaus auch mit einem Mann das Bett teilen „dürfen“, solange ich keine Zärtlichkeiten mit ihm teile. Nicht ein Hauch von Eifersucht, kein „Benimm dich in HH“ oder ähnliches. Einfach Vertrauen.
Freitagabend endeten wir in einer Kiez (Raucher)Kneipe. Es war SO ungewohnt, mir tat nach kurzer Zeit vom ganzen Qualm Lungen und Augen weh und ich stank wie der Malboro Cowboy am Ende eines Drehtages. Wir hielten aber tapfer 4 Stunden durch bis es nach 20 Stunden endlich ins Bett ging.
Samstag haben wir lange geschlafen, dann ab zur Alster was essen und dann ging es auch schon zum Stadion. Die beiden Plätze vor unseren Plätzen (3 + 4ter in der Reihe) hatten zwei dieser korpulenten weißen Männer, die dir Angst machen würden, wenn du ihnen im Dunkeln begegnest. Meine Schwester bat sie, ob sie uns eben reinlassen könnten und auf die Treppe treten könnten, da sie doch sehr viel Platz wegnehmen. Als Reaktion wurde einfach nur gestarrt. Diese creepy Art von starren.
Es gab immerhin einen Heimsieg und das frieren hatte sich gelohnt. Irgendwer war noch im Hotel mit dem Rollstuhl vor den Aufzug gefahren und diesen zerstört. Weiß auch nicht wer das war.
Sonntag stand u.a. das Dungeon an. Wer mich kennt weiß, wie schreckhaft ich bin. Ich erschrecke mich vor meinem Hund, der Kaffeemaschine oder dem plötzlichen Surren des Kühlschranks. Kurz: im Dungeon bin ich 27x gestorben. Als Belohnung gab es später ordentlich Cocktails.
Montag startete mit Raphael, der mir erzählte das er irgendwen ganz tolles kennengelernt hat. Er geht zwar nicht davon aus, dass es in einer Beziehung endet, aber das mit ihr fühlte sich anders an. Da ich vor knapp 6 Monaten Die war, mit der alles anders war, gebe ich da gar nicht viel drauf. Sollte es doch klappen: Herzlichen Glückwunsch. Er ist sich jetzt sicher, dass er zu mir eine aufrichtige und tiefe Freundschaft möchte – ich weiß nicht, wie das funktionieren soll, da Freundschaften auf Ehrlichkeit beruhen. Das diese nicht immer gegeben war und lieber Ignoranz vorgeschoben wurde, weiß jeder der ein paar Beiträge gelesen hat. Meine Freunde sind schon länger pissig über sein Verhalten gegenüber mir – und wie erkläre ich das gegenüber Tom? „Also das ist Raphael, wir haben mal gedatet. Ich war nie gut genug für eine Beziehung, aber er wäre gern mein Freund“. Umgekehrt würde ich ihn doch auch fragen, ob er noch sauber tickt. Und warum will man mit mir befreundet bleiben, wo man sich Monate ’nen Scheiß für mich und mein Befinden interessiert hat? Ich empfinde noch mehr Genugtuung über den HSV Sieg gegen den FC, seinen Verein. Mal sehen wie lange die Andere so anders besonders ist. Schafft sie es länger als zwei Wochen?
Kurz überkommt mich wieder das Gefühl des Kontrollverlustes. Endet es mit Tom auch so? Mag er mich nur solange, wie ich funktioniere wie er das möchte? Wird er mich auch mit Schweigen und Ignoranz bestrafen, wenn ich mich einmal zickig verhalte? In meinem Kopf dreht sich das Karussell der Selbstzweifel und aufgerissener, alter Wunden. Ich starte „Hässlich“ von Ayliva auf dem Handy und bin nach dem Song gedanklich da, wo ich sein möchte: In der Gegenwart. An Toms Seite. Manchmal auch auf oder unter ihm. Ja okay, ich schweife ab.
Meine Schwester und ich gingen jedenfalls danach erstmal shoppen. Ich hatte mir im ICE auf dem Hinweg so den Arsch abgefroren, ich brauche eine Decke. Bepackt mit Decke, vollem Bauch und im Schneetreiben ging es dann zum Bahnhof. Hamburg war wie immer wunderschön, die Stadt als Spitzenreiter der zweiten Bundesliga zu verlassen noch schöner. Aber: es war diesmal wirklich bitterkalt und ich habe Tom wirklich sehr vermisst. Er hat aber weiter Pluspunkte gesammelt, da er mein ständiges „geht’s dir gut?“ etc. nicht als Kontrolle aufgefasst hat, sondern einfach als das was es war: Sorge um den kranken Partner. Das nächste Wochenende wollen wir im Bett bleiben- ich wünsche mir sehr, das das klappt. Die 848 Schmetterlinge in meinem Bauch wünschen sich das auch.
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